Buchreview: Rick Rubin – The Creative Act

Was für ein überraschendes und großes Buch über Kreativität! Und sein größter Punkt scheint mir auch der größte Kritikpunkt vieler Reviewer zu sein: Es geht eben nicht darum, wie man der nächste Rick Rubin wird, auch Anekdoten zu den vielen Künstlern mit denen Rubin gearbeitet hat wird man vergeblich suchen, das gibt es bestenfalls in anonymisierter Form, und es geht auch nicht darum, wie man seine Kreativität möglichst effizient zu Geld macht, sondern nur um die Kreativität selbst. Dabei ist das im Sinne von Rubin auch ganz logisch, da die Kunst nicht uns, sondern wir der Kunst dienen sollten. Stattdessen ist es ein sehr freundliches Buch, das alle möglichen Aspekte der Kreativität, bzw. deren Fluss beleuchten will, ohne dabei Patentrezepte und Shortcuts vorzutäuschen, in seinen eigenen Worten: 
„Established artists generally draw from their personal experience and recommend the solutions that worked for them. These tend to be specific to their journey, not yours. It’s worth remembering that their way is not the way. Your path is unique, for only you to follow. There is no single route to great art.“
Wobei die Reibungspunkte zwischen Kreativität und Business immer mal wieder auch im Vorbeigehen beleuchtet werden: „“The business thinks in terms of quarterly earnings and production schedules. The artist thinks in terms of timeless excellence.” oder „Most aspects of popularity are not as advertised. And the artist is often just as empty as they were before, probably more so.”  
Oder auch der Satz der bei mir am nachhaltigsten hängen blieb::
„Creativity is just free play with no rules, it’s easier to submerge yourself joyfully in the process of making things. We’re not playing to win, we’re playing to play. And ultimately, playing is fun. Perfectionism gets in the way of fun.“
Dieses Mindest durchzieht das ganze Buch in vielen Facetten und jedes der vielen und kurzen Kapitel strotzt nur so von Bonmots, bei denen man ob ihrer zenmäßigen Klarheit, zustimmend nicken kann. Ich habe so einiges unterstrichen und Sätze zur Erinnerung rauskopiert. Man merkt Rubin an, der er sehr in der Welt des Zen und der Meditation unterwegs ist, einige werden das störend empfinden, mich nicht, ganz im Gegenteil. In der Summe ist „The Creative Act“ ein undogmatisches Destillat aus Philosophie, Beobachtung und Erfahrung aus 40 Jahren, das manchmal auch widersprüchlich erscheint, aber so ist das nunmal mit kreativen Prozessen, wie man es auch schon von Brian Eno’s „Oblique Strategies“ kennt, wenn was nicht hinhaut hilft zuweilen eben genau das Gegenteil oder irgendwas dazwischen. Es tut auch gar nicht Not das Buch am Stück zu lesen, sondern man kann ebenso einfach reinstippen und sich inspirieren lassen, der Zeitstrahl ist nicht wesentlich.
Für mich vielleicht das beste Buch über Kreativität das ich bislang lesen durfte, nicht nur für Musiker.

Ergänzend zum Buch empfehle ich noch als Supplement das 60 Minutes Interview auf Paramount+ oder kostenlos die einzelnen Episoden von Joe Rogan & Rick Rubin

Wenn ihr das Buch über die diese Links kauft, bleiben ein paar Cent bei mir hängen um z.B. diesen Webspace zu bezahlen:

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Buchreview: …Man War Ja Auch Noch Jung. Kassablanca. 30 Jahre Subkultur in Ostdeutschland

Schön wenn man die Entstehungsgeschichte eines Buchs so mitverfolgen kann. Als ich vor geraumer Zeit zu einer Podiumsdiskussion ins Kassa eingeladen war, schwirrte die Idee des Buchs schon rum, etwas später fragte man mich ob ich einen Beitrag für das Crowdfunding beisteuern möchte und nun liegt es seit einigen Wochen mir. Dauerte aber eine Weile bis ich damit durch war, denn das Buch ist anders als viele andere über Techno und Clubs, das Kassablanca fing vielleicht als Techno Club an, wandelte sich dann aber in eine ostdeutsche Institution, die es nun auch schon über 30 Jahre gibt und auch zweimal die Location wechselte, bis sie dann ihre Heimat in der jetzigen fand.

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Buchreview: Tresor True Stories

Was lange währt wird endlich gut kann mal wohl sagen. Gehört von dem Projekt hatte ich schon vor Jahren, nun liegt es also vor, das ultimative Tresorbuch über 31 Jahre Geschichte. es kommt mit erstaunlich wenig Text aus, glänzt dafür mit umso mehr Bildern, Artikeln und Ausschnitten aus Berichten über den Tresor und erfreulicherweise stehen nicht nur DJs oder Detroit im Vordergrund, das hat mich angenehm überrascht und Befürchtungen zerstreut, sondern es zeigt sich äußerst ausgewogen, Mitarbeiter, Publikum, Freunde des Hauses, als auch historische Dokumente finden sich großformatig darin wieder.

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Buch Review: Jason Timothy -Music Habits, The Mental Game Of Electronic Music Production

Jason Timothy kennt man als als Tutor von Ableton Tutorials auf www.MusicSoftwareTraining.com, lustigerweise rät er von deren extensivem Gebrauch in seinem Buch eher ab. Was paradox klingt macht aber durchaus Sinn und so geht es in diesem, man möchte fast sagen, Ratgeber öfter zu. So ist das halt mit kreativen Prozessen.
Schon das Inhaltsverzeichnis verrät einen gesunden Pragmatismus und richtet sich in erster Linie an die ewigen Probleme von Musikproduktion wie Prokastination, wie kriegt man einen Track fertig und die neuen, z.B. Ablenkung durch Social Media.
Eingeführt wird mittels 10 goldener Regeln, die da wären:
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Review: Westbam – Die Macht der Nacht

Irgendwie ein trauriges Buch, nicht nur wie das alles endet, so mit dem Verlust von allem was einem mal wichtig war, sei es die Firma, Lupo und dann noch, ohne im Buch vorzukommen, aber letztens halt, punktgenau zum Release, William Röttger, sondern auch weil es so emotionslos gegenüber dem ist, was ihn ja so groß gemacht hat, der Musik. Das gipfelt dann im letzten Drittel in dem Satz „Musik ist ein unperfektes Werkzeug. Wenn du oben angekommen bist kannst du es wegschmeißen.“ Und so fühlt sich das auch die ganze Zeit beim lesen an. Das erste Drittel, als klein Max noch als Punk in Berlin ankommt liest sich noch ein bisschen anders, da hat einer noch Neugier und steckt voller Elan, das Leben, in diesem Falle halt Nachtleben, zu entdecken und man kann das durch die unterhaltsame Schreibe durchaus nachvollziehen. Aber dann reiht sich ein „Erster!“ an den nächsten, der erste Hippy Deutschlands mit 4, der erste Punk in Münster, die erste Houseparty in Deutschland (als wenn das im Ex und Pop damals wirklich jemanden interessiert hätte), der erste mit diesem oder jenem Preis, der erste in irgendwelchen Charts, erster whatever, irgendwann nimmt man das Erster! Gehechel einfach so hin und hat fast Mitleid mit diesem selbstauferlegten Hase und Igel Spiel, wo man doch seit Bowie weiß das es gar nicht darauf ankommt wer es als Erster macht, sondern wer es als Zweiter zu nutzen weiß.
Ansonsten glänzt das Buch mit Auslassungen, bzw. einer Oberflächlichkeit, die es Westbam möglich macht den distanzierten Beobachter zu geben. Mag ja sein das man im Nachhinein, in der Rekapitulation, diese Position einnimmt, wenn man die kurvige Geschichte jedoch quasi hautnah mitbekommen hat, dann ist das alles etwas unbefriedigend und verbogen in seiner Verkürzung. Wohlgemerkt, da stehen keine wirklich falschen Fakten, aber die vielen fehlenden Einzelheiten zeichnen m.E. ein sehr weichzeichnerisches Bild.
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Review: Felix Denk und Sven van Thülen – Der Klang der Familie

Im letzten Jahr wurde ich von Felix Denk und Sven van Thülen diverse Male zum Thema Techno und Berlin Interviewt, so wie die anderen Protagonisten in diesem Buch wahrscheinlich ebenfalls und im Lauf der Interviews wurden die Fragen stets konkreter und bezogen sich auch teilweise auf das was diese bereits gesagt hatten.
Am Ende waren auf diese Weise wohl über 240 Stunden Audiomaterial zusammen gekommen und so ein bisschen hatte man das Gefühl bei der Entstehung des Buchs mittendrin dabei zu sein. Von daher erwartete ich das Endergebnis natürlich mit Hochspannung.
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Buch Review: Airen – Strobo

Na, das ist doch mal ein Technoroman für die ganze Familie! Eltern werden in ihren schlimmsten Befürchtungen bestätigt, was mit ihren Kindern im Technomoloch Berlin so passieren kann und die Kids kriegen brühwarm erzählt, was das da so mit dem Berghain und den Darkrooms so geht. Durch multitoxische Drogeninduktion springen die Schwänze nur so in die Münder und was für Kombinationen an legalen und illegalen Substanzen geht wird gleich mitüberliefert. Wer Airen’s Blog kennt, weiß in etwa was zu erwarten ist, dabei fängt sein Roman vor seiner Mexikoabreise an, mit der sein Blog vor ein paar Jahren startete.
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